Chronik für das Jahr 1950 |
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1. November 1950 Landesgerichtsdirektor Dr. Robert Fischer, Vorsitzender der 1. Strafkammer und ständiger Vertreter des Landgerichtspräsidenten, wurde zum Bundesrichter am Obersten Bundesgerichtshof im Karlsruhe ernannt. Dr. Fischer war in Göttingen auch als Universitätsrat und Universitätsrichter tätig gewesen. 3. November 1950 Das "Deutsche Theater" brachte in Gegenwart des Dichters heute Carl Zuckmayers Drama "Der Gesang im Feuerofen" zur Uraufführung. Das Stück behandelt die französische Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg. 5. November 1950 In der Niedersächsischen Staats- und Universitäts-Bibliothek wurde in Anwesenheit französischer Gäste eine von der Akademischen Buchhandlung Calvör in Gemeinschaft mit der Regie Autonome des Publications Officielles in Baden-Baden zusammengestellte Ausstellung französischer Bücher eröffnet. Die Ansprachen deutscher wie französischer Professoren hoben die völkerverbindende Macht des Buches hervor. 7. November 1950 Bundesminister a. D. Dr. Heinemann, der vor Kurzem von seinem Amt wegen Differenzen mit dem Bundeskanzler in der Frage einer etwaigen Wiederaufrüstung der Deutschen Bundesrepublik zurückgetreten war, sprach in einer vom Bund Demokratischer Studenten veranstalteten Versammlung zur Frage einer Beteiligung Westdeutschlands an einer europäischen Armee. Das im Jahre 1900 aus Anlaß des 100 jährigen Bestehens der Bankfirma Klettwig und Reibstein gestiftete, bei dem Bombenangriff vom 24. November 1944 stark geschädigte große künstlerische Glasfenster im Sitzungssaal des Rathauses ist von der Firma Mühlenbein in Hannover wieder instandgesetzt worden. Für die neue britische Besatzung wurde das Haus Reinhäuser Landstraße 10 zum Soldatenheim bestimmt. In diesem Haus war bis zum Zusammenbruch 1945 die Kreisleitung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter Partei und später die englische Dienststelle der Public Safety wie die Geschäftsräume des Polizeikreises Göttingen-Land untergebracht. 11. November 1950 Vor zwei Jahren schenkte Frau Dr. Lise Amrhein ihr Haus Keplerstraße 14 der Stadt Göttingen mit der Bestimmung, darin ein Altersheim zu errichten. Diese Verpflichtung hat die Stadt jetzt eingelöst. Das Heim bietet für 24 alte Damen Unterkunft und wurde heute mit einer kleinen Feier als städtisches Altersheim eröffnet. Zur dankbaren Erinnerung an die hochherzige, im Heim noch lebende Dame erhielt es den Namen "Haus Lise Amrhein". Die Freiwillige Feuerwehr, die neben der städtischen Berufsfeuerwehr noch besteht und bei großen Bränden zur Verstärkung herangezogen wird, bezog mit ihren Motorzügen ihr neues Depot in der früheren Langemarck-Kaserne den der Geismar-Landstraße. 13. November 1950 Die im Studentenhaus, Wilhelmsplatz 2, seit Jahren eingerichtete akademische Mensa ist derart überfüllt, daß auf dem Grundstück Bunsenstraße 13/15 eine Zweigstelle eingerichtet werden mußte, die den Namen "Mensula" trägt und heute in Betrieb genommen worden ist. Auf der Synode des Bundes evangelisch-reformierter Kirchen Deutschlands wurde der Seelsorger der hiesigen reformierten Gemeinde, Pastor Kamlah, wieder einstimmig zum Präses des Bundes gewählt. Pastor Kamlah hat dieses Amt seit 1929 inne. In dieser Eigenschaft vertritt der die reformierte Kirche Deutschlands in der Konferenz der "Evangelischen Kirche in Deutschland". 15. November 1950 Im Rahmen der politisch-historischen Vorlesungsreihe für Hörer aller Fakultäten sprach in der Aula der Dichter Carl Zuckmayer über das Thema: "Theater und Jugend". 17. November 1950 Aus Anlaß der Sitzung des Europarates, der über die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa zu beraten hat, bei dessen Verhandlungen aber sich immer neue Schwierigkeiten ergeben, sind aus verschiedenen europäischen Ländern, auch aus Deutschland, 5000 für den Europa-Gedanken begeisterte junge Menschen nach Straßburg gefahren, um dort in einer großen Demonstration für den Gedanken eines vereinten Europas zu werben. Aus Göttingen nahmen 40 Vertreter teil (Studenten, Lehrlinge, Schüler). Während der Straßburger Tage wehte auf dem Göttinger Rathaus die Fahne der Europa-Bewegung: auf weißem Grund ein großes grünes "E". Auch an anderen Stellen in der Stadt waren Europa-Fahnen zu sehen. 18. November 1950 Die Georg-August-Universität nahmen heute die feierliche Immatrikulation der neuen Studenten des Winter-Semester 1950/51 vor. Der dringend erforderliche Rückgang der Zahl der Studierenden macht sich jetzt bemerkbar: während im Wintersemester 1949/50 noch 997 Neuimmatrikulierte verpflichtet wurden, waren es jetzt nur 619. In diese Zahl einbegriffen sind 22 Ausländer und 215 erste Semester. 19. November 1950 Nach drei Monaten gründlicher baulicher Erneuerung der Marienkirche weiter Landessuperintendent Wiebe-Northeim heute in feierlichem Visitationsgottesdienst das Gotteshaus wieder. Neben bautechnischen Sicherungen ist vor allem die lichte Gestaltung des Innenraumes bemerkenswert. Die Bauleistung hatte Professor Dietz Brandi. Von der Regierung sind erhebliche Mittel für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt worden. Die bisher gezahlten drei Raten waren für den sozialen Wohnungsbau durch Genossenschaften bestimmt. Die vierte, für den privaten Sektor des sozialen Wohnungsbaus vorgesehene Rate ist leider gestrichen worden. Dadurch erfährt der in Anbetracht der großen Wohnungsnot dringend notwendige Fortgang des Wohnungsbaus einer unliebsame Störung. 27. November 1950 Zwischen der Stadtverwaltung und den Göttinger Brau- und Kotbürgern (Besitzern von über 400 brauberechtigten und über 500 Kothäusern) ist eine Differenz um die jahrhundertealten Holzberechtigungen ausgebrochen. Auf Grund dieser alten Rechte steht jedem Bürger je Anteil jährlich 2½ Raummeter Holz aus den städtischen Waldungen zu. Im Jahre 1937 ist dieses Recht durch eine Notverordnung aufgehoben worden. Die Holzberechtigten wollen jetzt ihr altes Recht wiedererlangen und fordern es von der Stadtverwaltung, auch mit Wirkung bis 1937 zurück. Die Stadt lehnt diese Forderungen als unberechtigt ab. In einer Versammlung wurde heute von den Holzberechtigten ein Ausschuß gebildet, der die erforderlichen Verhandlungen mit der Stadt führen soll. Man ist entschlossen, die Forderungen unter allen Umständen durchzukämpfen. 28. November 1950 Im Haus Sültebeckbreite 10 erschoß heute Abend der 21 jährige kaufmännische Lehrling Hans-Joachim Handbruch aus Eifersucht seine Geliebte, die 26 jährige Witwe Kamnitz in Gegenwart des kleinen Kindes der Frau. Der Täter erschoß sich nach der Tat selbst. Der neu hier stationierten britischen Besatzungseinheit ist der Universitäts-Sportplatz zur Verfügung gestellt worden. Auch die beiden Sportvereine ("Göttingen 05" und "Spiel-Vereinigung Göttingen" -SVG-) haben in sportkameradschaftlicher Verbundenheit sich erklärt, ihre Plätze von Zeit zu Zeit zu überlassen. |
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