Abriss der Stadtgeschichte |
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Trotz aller Demonstrationen von Macht und Selbstbewusstsein geriet
Göttingen vor allem aufgrund der technisch und qualitativ
überlegenen Textilproduktion in England und Flandern seit dem Ende
des 15. Jahrhunderts wirtschaftlich und politisch in eine Krise. Da
damals wie heute galt: wenn die Wirtschaft lahmt, wird auch das
öffentliche Geld knapp, erhöhte sich vor allem die
Verschuldung des städtischen Haushalts. Unter dem Druck der sich
verschärfenden Finanzkrise kam es zum offenen Konflikt, der in
einem regelrechten Aufstand eskalierte. Am 6. März 1514
stürmten die Gilden das Rathaus, setzten den Rat kurzerhand
gefangen und jagten ihn anschließend aus der Verantwortung. Zwar
konnte der Rat nach kurzer Zeit mit Hilfe des Landesherrn Herzog Erich
I. zunächst seine alte Stellung wieder zurückgewinnen und
festigen, der Konflikt schwelte jedoch fort und brach in den folgenden
Jahren immer wieder aus.
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Im Zusammenhang mit diesen heftigen Auseinandersetzungen steht auch die
Einführung der Reformation in Göttingen.
Diese von Martin Luther ausgelöste Glaubensbewegung hat in der
deutschen Geschichte tiefe Spuren hinterlassen, war sie doch mit nahezu
allen Bereichen des politischen, religiösen, sozialen und
kulturellen Lebens verwoben. Während sich in vielen Städten
der neue Glaube sehr früh und energisch Bahn brach, blieb
Göttingen zunächst davon weitgehend unberührt. Erst 1529,
also 12 Jahre nach Luthers Thesenanschlag, kam es anlässlich einer
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Die Einführung der Reformation schwächte wiederum die
Stellung des Rates auch in seinem politischen Konflikt mit den Gilden
und Innungen, so dass schließlich in der Mitte des 16.
Jahrhunderts die Stadtverfassung tiefgreifend umgestaltet wurde. Die
Vorherrschaft in Bürgerschaft und Rat lag nun für etwa
hundert Jahre bei den Handwerkergilden. Der fortschreitende
wirtschaftliche Niedergang und der weiterschwelende Konflikt zwischen
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Die größte Katastrophe für die Menschen des 17.
Jahrhunderts war der Dreißigjährige Krieg zwischen 1618 und
1648. Nachdem die ersten Jahre für Göttingen noch
vergleichsweise ruhig verlaufen waren, stiegen Belastungen und
Bedrohungen seit 1625 drastisch an und erreichten in der Belagerung
durch den kaiserlichen Feldherrn Johann Graf Tilly einen ersten
Höhepunkt. Um den hartnäckigen Widerstand der
städtischen Garnison zu brechen, ließ Tilly u. a. durch
Harzer Bergleute die Leine umleiten und die Stadt über
längere Zeit hin beschießen, bevor er am 2. August 1626
siegreich einmarschieren konnte. Eine zweite Belagerung,
Erstürmung und Plünderung mit wohl noch härteren Folgen
musste die Stadt im Februar 1632 durch den in schwedischen Diensten
stehenden Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar
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Denn der Krieg beschleunigte den wirtschaftliche Niedergang und der
hatte gegen Ende des 17. Jahrhunderts seinen Tiefpunkt erreicht. Zu
dieser Zeit lassen sich allerdings auch - nicht zuletzt als Folge
gezielter staatlicher Fördermaßnahmen - erste Anzeichen
eines Wiederaufschwungs erkennen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erlebte
dann vor allem die Göttinger Textilindustrie eine neue Blüte.
Unternehmer wie der 1711 nach Göttingen gekommene Tuchfabrikant
Johann Heinrich Grätzel führten Göttingen in das
Zeitalter der vorindustriellen Manufakturproduktion. Vom
Selbstbewusstein dieser frühen Unternehmer zeugt das
eindrucksvolle Barockpalais das sich Grätzel nach 1739 am Eingang
der heutigen Goetheallee errichten ließ.
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(Auszug aus: Ernst Böhme: Göttingen: kleiner Führer durch die Stadtgeschichte) |