Studien zur Geschichte der Stadt Göttingen

  1. Pflegen und Heilen in Göttingen : die Diakonissenanstalt Bethlehem von 1866 bis 1966 / Traudel Weber-Reich. - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 1999. - 252 S. : Ill. - ISBN 3-525-85423-4. - 21,90 EUR

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Vorwort7
Vorbemerkung9
Einleitung11
Korporationsrechte21
Die Gemeindediakonie29
"Christliche Liebestätigkeit" - die Basis der Diakonie29
Diakonissen - "hohe Damen" oder "des Mannes Gehülfinnen"?34
Evangelische Gemeindekrankenschwestern43
Krankenpflege und Mission48
Gründung der Diakonissenanstalt Bethlehem55
Neubau Stift Bethlehem55
Kinderhospital oder Kinderasyl?63
Hausmutter Hermine von Trampe69
Hausmutter Marie von Trampe75
Kleinkinderkrippe im Gartenhaus76
"Scrophuleuse Kinder gedeihen sichtlich"77
Krankenanstalt Bethlehem80
Bau des Ostflügels87
Ev. Stift Alt-Bethlehem91
Gemeindediakonisse Sophie Schwabe91
"Zufluchtstätte für allerlei Gebrechen"94
Anerkennung als milde Stiftung96
Die Kinderkrankenstation wird Kinderheim98
"Alt-Bethlehem liegt mir so am Herzen"108
Krankenhaus Neu-Bethlehem113
Gründung der "Frauenheilanstalt am Kirchwege"113
Hausmutter Magdalene Querner121
Neubau für weibliche Privatkranke125
Reservelazarett im Ersten Weltkrieg138
Belegkrankenhaus mit Operationsbetrieb141
Fachärzte fordern Fachschwestern145
Diakonissenanstalt Bethlehem von 1933 bis 1945153
Das Kuratorium und die Schwesternschaft153
Altenheim Alt-Bethlehem161
Mut zur Hilfe - Gemeindediakonisse Minna Siebrecht163
Klein-Bethlehem - zuerst Frauenheim dann Altenheim172
Krankenhaus Neu-Bethlehem178
Reorganisation nach 1945189
Kuratorium - Vorstand - Hausvorstände191
Altenheim Alt-Bethlehem192
Hausmutter Marie von Alm192
Hausmutter Adele van der Gaag197
Krankenhaus Neu-Bethlehem211
Mutterhausschwestern nehmen Abschied215
"Schwesternnot"215
Abschied im Altenheim Alt-Bethlehem219
Abschied im Krankenhaus Neu-Bethlehem220
Nachwort von Hans-Hermann Heinrich229
Mitglieder des Kuratoriums von 1866 bis 1966231
Quellen und Literatur237
Namenverzeichnis247
Bildnachweis253



Vorwort
In einer Zeit, in der das System der öffentlichen Gesundheitsfürsorge unübersehbar in eine Krise geraten ist und zumal seine Finanzierbarkeit zunehmend in Frage gestellt wird, ist die Frage nach seinen Wurzeln und seiner Geschichte von besonderem Interesse. Einem Aspekt dieser Geschichte geht die vorliegende Untersuchung von Traudel Weber-Reich nach: dem Beitrag der Diakonissen des Ev. Stifts Alt- und Neu-Bethlehem zum Aufbau einer öffentlichen Gesundheitspflege und Sozialfürsorge in Göttingen.

Die katastrophalen Mißstände bei der medizinischen, pflegerischen und fürsorgerischen Versorgung breiter Bevölkerungsschichten auch in den Städten waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unübersehbar geworden. Die durchaus erkennbaren Bemühungen zur Abhilfe von öffentlicher Seite reichten bei weitem nicht aus, sie schufen z. T. sogar - wie die Bismarcksche Sozialgesetzgebung im Bereich der stationären Krankenpflege - neuen großen Bedarf. In dieser Lage vermochten die Mutterhausdiakonissen einen bislang wenig gewürdigten Beitrag zur Linderung der Not vieler Menschen und zum Aufbau eines modernen Gesundheitswesens zu leisten.

Das Ev. Stift Alt- und Neu-Bethlehem ist in einer wechselvollen Geschichte hervorgegangen aus der Diakonissenanstalt Bethlehem. Der Erfolg des Stiftes war zunächst vor allem der Verdienst der Schwestern, bis sich die Institution von ihren Trägerinnen zu lösen vermochte. Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Schwesternmangel unübersehbar war und die Diakonissenmutterhäuser in eine existenzielle Krise gerieten, gelang es dem Göttinger Stift, sich den neuen Zeitverhältnissen anzupassen und moderne Organisationsformen und Arbeitsfelder zu entwickeln.

Die betont quellennah, konkret-erzählend angelegte Arbeit von Traudel Weber-Reich ist geeignet, den besonderen Charakter der Arbeit der Diakonissen, das "Geheimnis" ihres Erfolges deutlich werden zu lassen: ihre christlich motivierte selbstlose Zuwendung dem Hilfesuchenden und Kranken gegenüber und ihr scheinbar unbegrenztes Engagement, seine Lage zu verbessern. Aber auch die Kehrseite wird erkennbar: die hierarchische Bevormundung und die gnadenlose (Selbst)ausbeutung der Schwestern. Zugleich wird deutlich, daß sie nicht nur Opfer waren. Im Gegenteil, sie griffen aktiv ein, trieben voran und gestalteten aus der Erkenntnis heraus, daß im ausgehenden 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Schwesternberuf eine der wenigen Möglichkeiten beruflicher Emanzipation für Frauen war.

Ernst Böhme


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