Stationen der Stadtgeschichte

1952 - Proteste gegen Veit Harlan


Proteste bei der Aufführung des Films "Hanna Amon"
"Judensöldlinge! Judenlümmel! Aufhängen! Niederknüppeln!" – mit antisemitischen Parolen und Morddrohungen wurden am 25. Januar 1952 studentische Demonstranten vor dem Kino Central von ihren Widersachern bedacht. Die Polizei musste einschreiten, die handgreiflich gewordenen gegnerischen Gruppen trennen und den Notstand ausrufen.

Anlass für die Ausschreitungen war die Aufführung des Films "Hanna Amon", dessen Regisseur Veit Harlan auch für den Film "Jud Süß", eines der schlimmsten antijüdischen Hetzwerke der Nationalsozialisten, verantwortlich war. Harlan hatte nach dem Zweiten Weltkrieg in Göttingen, das durch die "Filmaufbau" zu einem Zentrum der westdeutschen Spielfilmproduktion geworden war, ein neues Betätigungsfeld gefunden. Gegen ihn richteten sich die Proteste der Studenten, die dabei von herausragenden Professoren – unter ihnen Werner Heisenberg, Helmuth Plessner und Carl Friedrich von Weizsäcker – unterstützt wurden und die sich schließlich gegen ihre antisemitischen Widersacher durchsetzten: Der Film, übrigens die erste Göttinger Farbproduktion, wurde abgesetzt.

So deuten die Ereignisse vom Januar 1952 eine grundlegende Wandlung der Rolle an, die Universität und Studentenschaft in Politik und Kultur Göttingens spielten. Aus einer kleinen, sozial abgeschlossenen, stark national-konservativ und, was die Studenten betraf, früh nationalsozialistischen geprägten Hochschule entwickelte sich eine neuartige Massenuniversität, an der demokratische und zunehmend linke politische Strömungen erstarkten. Der Scheitelpunkt dieser Entwicklung war erreicht, als die 68er-Bewegung das bis dahin eher verschlafene Göttingen erschütterte.

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