Stationen der Stadtgeschichte

1807 - Königreich Westphalen

Jerome Napoleon, "Roi de Westphalie" Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brach die den Göttinger Bürgern vertraute politische Ordnung in blutigen Kriegen zusammen, mit denen sich Napoleon nahezu ganz Europa unterwarf. Er sicherte seine Herrschaft durch politisch abhängige Vasallenstaaten wie das 1807 geschaffene Königreich Westphalen, das ungeachtet seines Namens Nordhessen, das östliche Niedersachsen und Teile Brandenburgs umfasste. Die innere Organisation des neuen Staates folgte ohne Rücksicht auf die historisch gewachsenen Verhältnisse strikt dem französischen Vorbild. So wurde Göttingen am 24. Dezember 1807 zum Hauptort des Leine-Departements bestimmt, das sich von der Werra über Göttingen, Einbeck und Rinteln bis an die Weser nördlich von Minden erstreckte.

Durch die Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches ("code civile") wurden aber auch wegweisende Neuerungen umgesetzt, wie die rechtliche Gleichstellung der Juden oder die Abschaffung der feudalen Lasten der Bauern. Überhaupt brachen sich in dieser Zeit neue gesellschaftliche Entwicklungen Bahn. Dazu gehörte die Forderung nach neuen Bildungsmöglichkeiten für Frauen und Mädchen, die der Superintendent von St. Johannis Johann Philipp Trefurt 1806 mit der Einrichtung der Universitäts-Töchterschule aufgriff. Die Schule stand Mädchen der "höheren Stände" offen und unterrichtete sie in Französisch, Geschichte, Geographie, Religion, Handarbeit, Schönschreiben, Zeichnen und anderem mehr.

Nach Napoleons Niederlage brach das Königreich Westphalen 1813 schnell zusammen, und Göttingen gehörte nun wieder zu Hannover, das als Königreich neu erstand. Wie wenig all diese Umbrüche ideologisch befrachtet waren, zeigt eine aus heutiger Sicht überraschende Einzelheit: Conrad Tuckermann, seit 1799 Göttinger Bürgermeister, diente in diesem Amt unangefochten sowohl der westphälischen, wie auch der königlich-hannoverschen Regierung bis zu seinem Tode 1831.

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